Weltmeister Zungenbaß

Ein Unikat fand in unsere Werkstatt. Dieser Baß war Anfang der 60er Jahre für das Klingenthaler Akkordeonorchester gebaut worden. Wir bekamen ihn in einem sehr desolatem Zustand. Das Gehäuse war an ein paar Stellen aufgegangen, der alte Nitrolack war spröde, Wachs und Ventile durch den Zahn der Zeit stark angegriffen. Entgegen anderer Bässe ist dieser mit 4 ! Chören ausgestattet, also jeder Chor doppelt. Dafür sind es zwar kräftige Stimmplatten, aber keine Helikonstimmplatten. Besonders erwähnenswert sind die Doppelkammerstimmstöcke (Umlenkstock), die die Bässe verstärken, sowie das Cassotto, auf dem alle vier Stimmstöcke aufgespannt sind.

Weltmeister Zungenbaß
Weltmeister Zungenbaß

Zwar hat der Baß 34 Tasten, es sind aber nur 30 aktiv. Die restlichen 4 Stück sind der optischen Schönheit geschuldet. Der Aufwand, der bei diesem Baß betrieben worden war, ist immens. Von einer Taste gehen nicht nur eine, sondern 2 gegenüberliegende Klappen in den Cassottoschacht.

Cassottoschacht und Clavishebelkonstruktion
Cassottoschacht und Clavishebelkonstruktion
Clavishebelkonstruktion
Clavishebelkonstruktion

Um den Klang kräftig zu bekommen, wurden die Chöre doppelt ausgeführt. Zugleich wollte man verhindern, daß die Anordnung der Chöre im Schacht unterschiedliche Klangergebnisse liefern, da die Position im Schacht die Auswirkung auf die Obertöne bestimmt. Daher sind die zueinander gehörigen Chöre in X-Form aufgesetzt, so daß der eine Chor hinten im Schacht, der andere dazugehörige vorne im Schacht sitzt.

Choranordnung
Choranordnung

Momentan restaurieren wir den Baß.

Kleben des Gehäuses
Kleben des Gehäuses
Rissiger Lack
Rissiger Lack
Der Lack nach der Bearbeitung
Der Lack nach der Bearbeitung
Vor der Überholung
Vor der Überholung
Nach der Überholung
Nach der Überholung
Umlenkstock
Umlenkstock

Der Zungenbaß muß nun noch gestimmt, die mit Zelluloid bearbeiteten Flächen poliert und ein neues Baßband eingebaut werden. Die Tastatur ist justiert, so daß er wieder spielbar ist. Wir haben ihn bereits ausprobiert und zwar ist der Klang nicht ganz so kräftig wie heutige Zungenbässe, die große Helikonstimmplatten haben, jedoch hat er auf seine Weise seinen Reiz und einen durch den gesamten Tonumfang ausgewogenen und warmen Klang. Ein tolles Beispiel Klingenthaler Instrumentenbaukunst. Wir stellen demnächst noch Tonaufnahmen (im Vergleich mit einem moderneren Baß) ein.

Anbei eine Aufnahme mit einem externen Mikrophon. Der Baß wurde nicht gestimmt, sondern hat noch seine originale Stimmung von einst:

Nun ist er auch gestimmt und hört sich über den Roland Cube 120 XL Baß so an (ohne Equalizer, nur einmal mit “Super Flat”, einmal mit “Super low”, bei dem ein weiteres Baßsignal erzeugt und unterlegt wird (zumindest kommt es mir so vor). Das Signal wurde mit einem internen dynamischen Mikrophon unter dem Diskantverdeck aufgenommen.

Hinweis zu den Öffnungszeiten

Liebe Kunden,

nein, lieber: Liebe Freunde, die Ihr mir die Treue gehalten habt, obwohl ich meine Werkstatt für längere Zeit schließen musste und leider auch weiterhin muß – ich bin sehr gerührt und Euch dankbar. Die Zeit ist leider weiterhin schwierig und heute habe ich erfahren, daß ich die nächsten Wochen – vermutlich bis Sommer – in der Schule weitaus mehr als normal üblich gebraucht werde. Ich werde für telefonischen Rat weiter zur Verfügung stehen und auch das Wachs kann weiterhin bei mir gekauft werden, aber es ist mir nicht möglich, Reparaturen anzunehmen, da sie viel zu lange stehen würden. Meine Kolleginnen und Kollegen, die in Vollzeit in ihrer Werkstatt stehen, helfen Euch aber gerne weiter.

Euer Andreas von der Akkordeonwerkstatt